Das Kind
in ihm erwacht
Jede Nacht im
Schlaf
und so manchen Tag im Träumen
hört er die Stimmen
die mit ihm zu reden,
ja sogar auf ihn einzuschreien
scheinen,
seit er denken kann.
Düstere Bilder zeichnend:
Dasein für Andere als Aufgabe,
Aufopferung als Bestimmung,
eigene Vergänglichkeit
und frühes Sterben als Preis
für ein paar Augenblicke
Glücklichsein.
Er hat das Licht gesehen,
was am Ende seines Lebens auf ihn
wartet,
als sein Körper in den Fluten
unterging.
Er meint zu wissen,
dass der Tod nicht sein Ende ist,
dass nicht das Lebenslicht
verlöscht,
wenn das Blut aufhört zu
pulsieren
und das Herz nicht mehr für ihn
schlägt,
sondern dass es für ihn heller
wird erstrahlen,
als in seinen düst'ren
Erdentagen.
Deshalb meidet er das Jammern und
Klagen,
so schwer der Gedanken Last auch
drückt.
Geordnete geregelte solide
kleinbürgerliche Kindheit,
statt Wärme und Geborgenheit,
wohlbehütet in der Wochengrippe,
statt Ruhen in der Mutter Schoß,
materielle Belohnung für gutes
Benehmen,
statt körperliche Zuneigung und
Zärtlichkeiten,
Schläge und Entzug geliebter
Dinge
für kleinere und
größere Fehltritte im
Reifeprozess,
vorgeführt und bloßgestellt
wo Rückendeckung und
Unterstützung bitter nötig,
so wurde hart, fest und sicher die
Schale
doch wund der Kern.
Zu eng das Umfeld
zu beschränkt das Leben,
die Flügel früh gestutzt
bekommen
und doch immer wieder los geflogen.
Gierig nach immer neuem sich Beweisen,
nein eigentlich nicht sich,
sondern eher Anderen.
Sich verzehrend nach Anerkennung,
sie in Hilfeleistung und
Gerechtigkeitsstreben zu finden
hoffend,
wurde mit jedem Kampf der Panzer
härter,
bis die Seele kaum noch atmen konnte,
das Kind in ihm verschüttet ging.
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Immer wieder
rüttelte es an seinem Panzer
doch nur wenige drangen durch zum
Kern.
Nicht mit schweren Waffen
Weisungen, Versprechungen oder
Vergünstigungen
sondern mit Liebe und Gefühl,
mit einem Leben auf seiner
Wellenlänge,
seinen Idealen und Verständnis,
kamen sie an ihn heran.
Manche nur ein Stück und manche
auch ganz tief,
doch niemand wirklich ganz.
Das Risiko auf sein ICH zu Vertrauen,
war ihnen wohl stets zu groß.
Und mit jeder Öffnung kam eine
Euphorie,
die zumeist jedoch viel zu schnell,
sanfter Trauer oder tiefen Schmerzen
wich,
und so stürzte er sich zum Heilen
seiner Narben,
wieder mit aller Kraft in seine
Arbeit,
erfreute sich an von ihm Geschaffenen,
und am Strahlen der Augen,
von Menschen denen Hilfe er anbot.
Gebot seinem Kind in ihm zu schweigen
und gab ihm von dem
giftig-süßen Apfel,
auf dass es zwar weiterleben konnte,
aber auf immer schlief.
Dann klopfte eines Tages,
als er längst nicht mehr damit
gerechnet hatte,
ES leise an seinen Panzer an,
vorsichtig um Einlass bittend,
um dann mit seinen Näherkommen,
die harte Rüstung einfach
aufzuschmelzen,
regelrecht zu verdampfen sie.
Das Kind in ihm lag plötzlich
frei,
schutzlos und doch endlich atmen
könnend,
geblendet von der Sonne warmen Licht,
nun eigenständig laufen und leben
sollend,
ohne dies doch je gelernt zu haben.
Sich erst an die Helligkeit
gewöhnend,
stolpert das Kind nun unsicher mit
leicht zugekniffenen Augen
Schritt für Schritt nach vorn,
nach einer Hand suchend,
die es begleitet,
dankbar sie ergreifend
als sie ihm angeboten wird,
darauf hoffend und vertrauend,
dass etwas mit einer solchen
Wärme,
was den kalten Panzer des bisherigen
Lebens
so einfach schmelzen konnte,
ihm wird ein dauerhafter Wegbegleiter
sein.
a.m.
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